Artificial Physics Teacher

Artificial Physics Teacher
© Fraunhofer IPA

Physikalische Simulationswerkzeuge spielen eine zentrale Rolle bei der Entwicklung selbstlernender Robotersysteme. Allerdings stellt der sogenannte »Sim2Real-Gap« ein deutliches Problem beim Übertragen von der Simulation in die Realität dar. Ziel ist es daher, digital generierte Trainingsdaten der Kräfte, die bei der Montage von Reihenklemmen wirken, an die realen Daten anzugleichen. Im Rahmen des Projekts werden dazu neuronale Netze trainiert, welche die Parameter der Simulation anpassen, um den Gap zu reduzieren.

Physiksimulationen werden vermehrt eingesetzt, um Roboter in einer sicheren, digitalen Umgebung für Produktionsprozesse zu programmieren oder zu trainieren. Damit der Roboter die Prozesse erfolgreich erlernen kann, müssen die in der Simulation erzeugten Trainingsdaten den realen Prozess repräsentieren können. Andernfalls kommt es zu Abweichungen beim Transfer von der Simulation in die Realität (Sim2Real-Gap), sodass der Roboter bei der Ausführung in der Realität scheitert. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um den Transfer von in der Simulation erlerntem Verhalten in die Realität zu erleichtern, darunter die genutzte »System Identification« oder »Domain Randomization« und »Domain Adaptation«.

Ziel des Projekts mit der WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG ist es, grundlegend die Machbarkeit nachzuweisen, um neuronale Netze für die Auswahl von Simulationsparametern einzusetzen. Die gewählten Parameter beinhalten beispielsweise Reibwerte zwischen einzelnen Kontaktflächen, Steifigkeiten der Bauteile oder sogar den zugrundeliegenden »Solver« der Simulationsumgebung. Ob die gewählten Simulationsparameter geeignet sind, wird insbesondere anhand der wirkenden Kontakt- und Montagekräfte bewertet. Dazu werden die simulierten Daten mit Kraftdaten aus physischen Roboterexperimenten verglichen.

Projektablauf

Im Rahmen des KI-Fortschrittszentrums können interessierte Industrieunternehmen die Machbarkeit für eine Idee oder technische Innovationen mittels Künstlicher Intelligenz aus ihrem Unternehmen prüfen lassen.

Lösungsidee: Neuronale Netze eignen sich sehr gut, um selbst komplexe Zusammenhänge modellieren zu können, so auch den Einfluss der Physikparameter auf die Datenqualität. Durch den Vergleich mit Daten aus realen, roboter-basierten Prozessen können neuronale Netze mittels »Supervised Learning« oder »Deep Reinforcement Learning« trainiert werden, die passenden Physikparameter für die Simulation von Produktionsprozessen zu ermitteln. Anschließend können die neuronalen Netze prozessabhängig passende Parameter der Physiksimulation approximieren, was die Simulation und die Datenqualität deutlich verbessert.

Umsetzung der KI-Applikation: Für das Training der neuronalen Netze werden zunächst repräsentative Trainingsdaten sowohl aus physischen Experimenten am realen Roboter als auch aus der Physiksimulation heraus erzeugt. Für die Simulationsexperimente werden entsprechend die zu betrachtenden Parameter variiert, um deren Einfluss auf das Simulationsergebnis zu erfassen.

Die Kooperation mit dem Fraunhofer IPA bietet uns die Chance, Kundenprojekte mit einem hohen Individualisierungsgrad wirtschaftlich zu gestalten. Die Verknüpfung von unserem Produktwissen mit neuen Technologien in der roboterunterstützten Montage erfüllt die unterschiedlichen Anforderungen unserer Kunden an einen zukunftsfähigen Schaltschrankbau.

Dr. Wilhelm Rust, Berechnungsingenieur bei WAGO Kontakttechnik GmbH & Co. KG

Projektnutzen

  • Auswahl der optimalen Physikparameter steigert die Datenqualität deutlich und reduziert den manuellen Aufwand der Parametrierung
  • WAGO kann die neuronalen Netze einsetzen, um Simulationen für den Einsatz seiner entwickelten Reihenklemmen durchzuführen
  • Fraunhofer kann die entwickelte Technologie weiterführend nutzen, um realitätsnahe Trainingsdaten für Roboterapplikationen zu generieren

Bislang findet die Optimierung der Parameter für die Physiksimulation rein manuell statt, setzt umfangreiches Expertenwissen voraus und ist äußerst zeitintensiv. Das Training neuronaler Netze für die Auswahl der optimalen Physikparameter steigert die Datenqualität deutlich und minimiert den manuellen Aufwand. Dadurch wird insbesondere die Abweichung zwischen Simulation und Realität verringert.