Aus dem Alltag von … Lena Ahner

Ein Gespräch über die Innovationsfähigkeit von Geschäftsmodellen

Um in der zunehmend digitalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen zwingend mit der Entwicklung von neuen, digitalen Geschäftsmodellen auseinandersetzen. Lena Ahner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Transferforschung am Fraunhofer IAO.  Sie begleitet Unternehmen am S-TEC Zentrum »Business Innovation Engineering Center«, kurz BIEC, bei diesem Prozess und erklärt im Interview, was Business Innovation ausmacht und welchen Herausforderungen sich KMU in der digitalen Transformation stellen müssen.

Was ist die Kernaufgabe des BIEC und wie bist du dort eingestiegen?

Das BIEC ist ein Transferzentrum, bei dem ich vor mittlerweile fast drei Jahren eingestiegen bin. Mithilfe verschiedenster Kolleg*innen vom IAO bereiten wir unsere Erkenntnisse und Inhalte rund um Business Innovation auf. Dazu nutzen wir verschiedene Transfermaßnahmen wie Workshops, Webinare, Coachings oder kleinere Projekte wie Praxispiloten, ähnlich zu den Exploring Projects. Wir beschäftigen uns ganzheitlich mit der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, nicht nur im Hinblick auf das Geschäftsmodell, sondern auch auf der Ebene von Unternehmensprozessen, dem Technologieeinsatz und unter unternehmenskulturellen und Führungsgesichtspunkten. Anfangs war ich insbesondere in die Durchführung und Evaluation von Transfermaßnahmen eingebunden. Derzeit beschäftige ich mich stärker mit Geschäftsmodellen, denn die Geschäftsmodellentwicklung ist ein Kernstück der Business Innovation. Wir betrachten beim BIEC die Potentiale, die sich durch Business Innovation auf Prozess-, Leistungs- und Organisationsebene ergeben und welche Rolle digitale Technologien dabei spielen. Treiber wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit sorgen für einen Veränderungsdruck und triggern die Business Innovation zusätzlich.  

Was begeistert dich am Thema Business Innovation?

Mich begeistert an Business Innovation, dass eine Organisation umfassend abgebildet wird. Ich finde es spannend, Unternehmen ganzheitlich begleiten zu können, denn sie befinden sich immer in einem Spannungsfeld: Sie stehen nicht für sich alleine, sondern kooperieren mit externen Partner*innen und unterliegen politischen oder rechtlichen Regularien. Auch interne Faktoren wie Unternehmenswerte und -kultur haben großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg. Ich konzentriere mich also nicht nur auf die Lieferkette oder die Produktion, die ein Unternehmen am Laufen halten, sondern auf das große Ganze. Beim BIEC betrachten wir auch das Ökosystem von Unternehmen. Wir fragen uns: Wie tickt dieses Unternehmen und wie könnten wir es unterstützen, neue Ideen zu generieren und Innovation zu implementieren?

Woran arbeitest du gerade?

Aktuell beschäftigt mich die Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen, insbesondere wie man Nachhaltigkeit systematisch begreifen und auf verschiedene Ebenen eines Geschäftsmodells integrieren kann. Ich untersuche, wann ein Geschäftsmodell überhaupt nachhaltig ist und welche Mindeststandards Nachhaltigkeit definieren können. Zusammen mit Kolleg*innen leite ich daraus Prinzipien für Geschäftsmodelle ab. Auf der Leistungsebene kann ich meine Kunden befähigen, nachhaltig zu agieren. Auf der Ökosystemebene geht es um den Aufbau eines nachhaltigen Netzwerks z.B. durch Zulieferer in der Lieferkette. Mit wem sollten Unternehmen zusammenarbeiten und auf was sollten sie dabei achten, um nachhaltige Produkte oder Dienstleistungen zu gewährleisten?

Welche Rolle spielt die digitale Transformation für das BIEC?

Gerade in Hinblick auf die Digitalisierung entsteht durch die schnellen Entwicklungen ein Veränderungsdruck, der viele Teilbereiche in Unternehmen betrifft. Hier ergeben sich Chancen, Leistungen neu zu entwickeln oder sie auf einem anderen Weg anzubieten. Dafür können die Organisationsprozesse effizienter gestaltet werden. Auch digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge können von Unternehmen genutzt werden, um Smarte Services oder Produkte anzubieten. Für uns bedeutet eine digitale Transformation, die Potentiale von Digitalisierung für Unternehmen zu nutzen und mit der Optimierung an den richtigen Stellen anzusetzen, beispielsweise bei der Lieferkette oder der Datennutzung. Digitale Transformation betrachten wir ganzheitlich und nicht nur als die Summe isolierter Maßnahmen (wie z.B. Ausbau digitaler Infrastruktur und Einsatz von Software). Wir fragen uns also: Wie reagieren wir mit dem gesamten Unternehmen auf die Digitalisierung?

Porträt von Lena Ahner
Fraunhofer IAO; Foto: Zuckerfabrik

Mich begeistert an Business Innovation, dass eine Organisation umfassend abgebildet wird.

M.A. Lena Ahner


Gibt es bei der Digitalisierung für KMU in der Digitalisierung besondere Herausforderungen?

Die Behauptung, KMU hinkten der Digitalisierung hinterher, weil sie keine guten Ideen hätten oder die Digitalisierung nicht durchsetzen wollten, stimmt meist nicht. Kleine Unternehmen stehen nun einmal vor besonderen Herausforderungen etwa bei den zeitlichen und monetären Ressourcen. Sie haben weniger Budget zur Verfügung, um große Veränderungen auf infrastruktureller Ebene umzusetzen. Deshalb können sie oftmals keine externe Beratung in Anspruch nehmen und haben gleichzeitig keine Mitarbeitenden mit dem erforderlichen Wissen. Außerdem sind die Entscheidungsstrukturen in KMU sehr divers. Inhabergeführte Unternehmen treffen ihre Entscheidungen oftmals an der Spitze und arbeiten weniger agil. Sie wollen ihre begrenzten Ressourcen nicht fahrlässig in neue Trends investieren, die sich auf lange Sicht ggf. nicht bewähren.

Vom wem wird die Zusammenarbeit eines Unternehmens mit dem BIEC in der Regel angestoßen?

Das ist ganz unterschiedlich. Für Projekte treten tatsächlich eher Personen aus der oberen Leitungsebene mit uns in Kontakt. Bei Webinaren, kleineren Veranstaltungen und Vorträgen kommen Mitarbeitende aus verschiedenen Hierarchieebenen auf uns zu. Das zeigt, dass auch innerhalb der Belegschaft das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Business Innovation da ist. Die Mitarbeitenden können Impulse geben, doch tiefgreifenden Veränderungen müssen in der Regel von der Führungskraft durchgesetzt werden. Wer die Zusammenarbeit mit uns anstößt, hängt letztlich davon ab, wie zeit- und kostenintensiv die Maßnahmen für das Unternehmen sind.

Welche Formate kann das BIEC interessierten Unternehmen anbieten?

Wir bieten ganz unterschiedliche Formate an. Die Unternehmen kommen in der Regel mit einer Startidee zu uns und erhalten Informationen, Methoden und Werkzeuge. In Workshops oder Coachings unterstützen wir sie dabei, ihre Ideen zu konkretisieren und im Unternehmen zu implementieren. Wir geben die Starthilfe für einen Wandlungsprozess. Außerdem bieten wir die sogenannten Praxispiloten, bei denen wir kleinere Projekte zusammen mit Unternehmen in einem kurzen Zeitraum auf den Weg bringen. Beispielsweise untersuchen wir zusammen mit dem Radiosender Antenne 1 den Einsatz von KI in der Moderation. Wir haben zudem das Kooperationsformat »KI einfach machen!« entwickelt. Dabei unterstützen Studierende Unternehmen als junge KI-Tutor*innen bei der Entwicklung von Ideen und dem Einsatz von KI-Anwendungen. Ebenso veröffentlichen wir Publikationen, Whitepaper und Studien.

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